Unser erster Hafen auf der Ostsee Kreuzfahrt war Tallinn, dem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum von Estland. Tallinn hat heute knapp eine halbe Millionen Einwohner. Die Geschichte von Estland und Tallinn ist sehr bewegt, zu bewegt als das ich euch hier großartig damit langweilen möchte. Na gut ganz kurz. :-)) Estland strebte lange Zeit nach Unabhängigkeit und nach langen und heftigen Auseinandersetzungen gelang dies endlich am 24. Februar 1918, als die selbständige Republik Estland ausgerufen wurde. Die Unabhängigkeit hatte bis 1940 bestand. Im Zeiten Weltkrieg überfiel die Sowjetunion Estland und es war vorbei mit der Unabhängigkeit. Nun dauerte es bis 1991 bis Estland im Zuge des Reformprogramms von Gorbatschow in Russland wieder unabhängig wurde.
Wir wollen in Tallinn in erster Linie die wunderschöne Altstadt mit ihren Kopfsteinpflaster Gassen, gotische Türme und mittelalterliche Gebäuden besichtigen. Schließlich ist die Altstadt von Tallinn auf der UNESCO-Liste des Welterbes.
Vom Deck der AIDAprima ist die Altstadt schon zu sehen. Man kann die Strecke problemlos zu Fuß gehen und der Weg ist am Terminal sogar mit einer Linie gekennzeichnet. Allerdings sind wir ja mit meinen Eltern unterwegs und da wir noch genug zu Fuß unterwegs sein werden haben wir uns entschlossen den AIDA Shuttle in die Stadt zu nutzen. Die Tickets kosten 6€ und wir bekommen sie direkt am Bus. Bis der nächste Bus da ist mache ich ein tolles Foto von der perfekt im Sonnenlicht stehenden AIDAprima. Besser wird es bestimmt nicht mehr. Die Fahrt bis in die Altstadt von Tallinn ist kurz. Der Shuttle lässt uns auf Höhe des Kanuti Garten am westlichen Rand der Altstadt raus, wo er alle paar Minuten hin und her pendelt. Wir gehen durch den Kanuti Garten zum Bremeni Tower mit dem Bremeni Tor, durch das wir die Altstadt von Tallinn betreten.
Direkt daneben befindet sich die russisch-orthodoxe Kirche Saint Nicholas. Die Kirche des Heiligen Nikolaus von Myra. Die heutige Kirche wurde zwischen 1825 bis 1827 erbaut. Außen zur Straßenseite ist die Fassade mit Halbsäulen versehen. Darüber befinden sich zwei nicht allzu hohe Türme. Die Kirche war der erste Kuppelgebäude in der Stadt, die zu der Zeit noch den Namen Reval trug. Die Kuppel sieht man je nach Position und Entfernung zur Kirche teilweise gar nicht. Das Innere der Kirche ist eher schlicht.
Wir gehen weiter die Vene Str. entlang und kommen zur zwischen 1841 und 1845 erbauten Kirche St. Peter und Paul. St. Peter und Paul ist die römisch-katholische Pfarrkirche in Tallinn. Die Kirche liegt sehr schön in einem Innenhof der ein wenig wie ein Klosterhof aussieht. Das kommt nicht von ungefähr, denn 1799 wurde den überwiegend polnischen Katholiken in Tallinn Räumlichkeiten des Dominikanerklosters St. Katharinen als Kirche überlassen. Nachdem die Gemeinde stätig anwuchs wurde mit dem Bau der heutigen Kirche begonnen. Erst 1920 wurde die Fassade fertig gestellt. Mit der Besetzung der sowjetischen Truppen im Jahre 1940 wurde es für die Katholiken im Land wieder schwierig. Erst mit der Perestroika begannen wieder bessere Zeiten und im September 1993 besuchte sogar Papst Johannes Paul II Tallinn. Das Innere der Kirche ist sehr schlicht.
Nach einem weiteren Stück auf der Vene kommen wir zum Abzweig zum Rathausplatz. Dem folgen wir und stehen kurz danach auf dem Vorzeigeplatz in Tallinn.
Der Rathausplatz von Tallinn ist wirklich wunderschön. Rings um dem großen mit Kopfsteinpflaster versehenen Platz stehen hübsche alte Kaufmannshäuser aus Zeiten als Reval, wie Tallinn früher hieß, zur Hanse gehörte. In den Gebäuden sind heute natürlich in erster Linie Cafés und Restaurants untergebracht. Früher, wie auch heute, diente der Platz als Versammlungsort. Dort wurde natürlich auch der Markt abgehalten. Heute finden hier Konzerte, der Weihnachtsmarkt und traditionelle Märkte statt. Auch der Empfang von Staatoberhäuptern findet hier statt. Höhepunkt des Rathausplatzes ist das Rathaus selber. Das Rathaus von Tallinn wurde zwischen 1402-1404 erbaut und ist das älteste erhaltene go¬tische Rathaus im ganzen Baltikum. Der achteckige Turm ist 64 Meter hoch. Im Sommer kann man das Rathaus auch von innen besichtigen, aber dafür haben wir natürlich keine Zeit.
Auch die Rathausapotheke, die 1422 zum ersten Mal erwähnt wurde zählt als ein Höhepunkt des Rathausplatzes. Die Rathausapotheke von Tallinn gilt als die älteste Apotheke Europas. Auch wir haben die Apotheke besucht. Der erste Raum dient heute als Apotheke. :-) Na sowas… der nächste Raum zeigt ein paar Heilungsmethoden und Medikamente aus dem Mittelalter. Den Hype um die paar Ausstellungstücke kann ich nicht verstehen. In jedem Reiseführer und Bericht wird diese Apotheke erwähnt, warum ist mir nicht ganz klar.
Egal wir verlassen den Rathausplatz und kommen wenig später zur St. Nikolaikirche aus dem 13. Jahrhundert, die heute als Museum der Kirchenkunst dient.
In dem St. Nikolaimuseum befinden sich drei der vier bedeutendsten Kunstwerke Estlands aus dem Mittelalter. Das muss nicht sein und somit bleibt es für uns bei der Außenansicht dieser Kirche, die 1944 bei einem Bombenhagel zerstört und erst in den 1980ern wieder aufgebaut wurde.
Für uns beginnt an der St. Nikolaikirche der Aufstieg zum Domberg, denn die Altstadt von Tallinn besteht aus zwei Teilen. Der Unterstadt und der Oberstadt, die über zwei Straßen verbunden werden. Da ist zum einen die längere und breitere Pikk jalg und die engere und sehr verwinkelte Lühike jalg. Wir gehen über den Kirchenplatz der St. Nikolaikirche, biegen dort rechts ab und kommen bald zur Lühike jalg, über die wir den Domberg erklimmen.
Oben angekommen befinden wir uns im Garten des Dänischen Königs, der dicht an der Stadtmauer liegt. Der Blick nach unten in die Unterstadt ist von hier nicht so besonders. Hier an der Stadtmauer steht der dreistöckige Jungfernturm in dem sich heute ein Café und ein Museum befindet. Früher war der Jungfernturm ein Gefängnis.
Nur ein paar Schritte weiter kommen wir zur Alexander-Newsky-Kathedrale und dem Schloss von Tallinn. Zuerst schauen wir uns die Tallinns größte russisch-orthodoxe Kathedrale an. Die Alexander-Newsky-Kathedrale wurde 1900 eingeweiht und war zu der Zeit weit mehr als nur eine Kirche.
Die Alexander-Newsky-Kathedrale wurde von den Russen ganz bewusst gegenüber dem Schloss von Tallinn gebaut, um den Esten den russischen Herrschaftsanspruch zu verdeutlichen. Denn 1900 war Estland nicht Selbstständig. Aus diesem Grund stehen viele Esten der Kathedrale skeptisch gegenüber. Aber so langsam beruhigt sich die Lage und die Esten sehen die Kathedrale als Bauwerk das ihre Stadt verschönert. Und schön ist die Kathedrale mit ihren Zwiebeltürmen auf jeden Fall. Innen ist die Alexander-Newsky-Kathedrale mit vielen Mosaiken und Ikonen verziert. Auch das viele Gold ist auffällig. Ein Highlight der Alexander-Newsky-Kathedrale ist das Glockenspiel. Insgesamt 11 Glocken mit einen Gewicht von 15 Tonnen sind im Glockenturm verborgen. Der Alexander-Newsky-Kathedrale genau gegenüber steht das Toompea Schloss von Tallinn. Ob es die deutschen Schwertritter, die Russen oder eben die Esten waren, das Schloss von Tallinn ist seit jeher der Ort gewesen von wo aus die Nation regiert wird. Entsprechend ist heute hier das estnische Parlament untergebracht. Durch die vielen „Besitzerwechsel“ ist das Schloss entsprechend oft umgebaut worden. Es gibt die Burg ähnlichen Elemente aus der Ritterzeit, zum Beispiel der Turm Langer Hermann. Auf diesem 46 m hohen Turm wird die Flagge gehisst, deren Nation an der Macht ist. Das zelebrieren auch die Esten jeden Morgen zum Sonnenaufgang. Dabei wird selbstverständlich die Nationalhymne gespielt. Auf der Seite wo der Lange Hermann steht, fällt der Kalksteinhügel 50 Meter steil ab und bildet somit einen natürlichen Schutz vor Angreifern. Die rosafarbene Fassade mit den barocken Elementen wurde zur Zeit von Katharina der Großen gestaltet.
Ein sehr schöner Ort hier mit dem Schloss und der Kathedrale, aber nützt nichts, wir wollen ja noch mehr sehen. Als nächstes kommen wir zur Domkirche zu St. Marien. Hierbei handelt es sich um den Hauptsitz der evangelischen Kirche Estlands. Früher nutzen die Adligen diese Kirche. Heute macht sie nicht besonders viel her. Zumindest nicht von außen. Reingegangen sind wir nicht, denn hier versucht die Kirche mal wieder Geld zu generieren. 6€ Eintritt sollten wir bezahlen. Nein danke, dann gehen wir weiter. Wobei sich der Blick vom 69 Meter hohen Turm lohnen soll. Allerdings wäre dafür noch ein zusätzlicher Eintritt fällig. Dann gehen wir lieber zur Aussichtsplattform in der Kohtu Straße. Von hier haben wir einen schönen Blick auf die Altstadt mit dem Turm der Heiliggeistkirche. Im Hintergrund ist das moderne Finanzviertel gut zu erkennen.
Nach links blickend sehen wir die Olaikirche, dessen Turm komplett eingerüstet ist. Dahinter ist der Hafen gut zu erkennen. Auch der Kussmund der AIDAprima guckt hinter der Norwegian Getaway hervor. Ein schöner Ort zum Verweilen, aber wir haben nun mächtig Durst bekommen und legen eine Pause in der Kneipe Domberg ganz in der Nähe der Alexander-Newsky-Kathedrale ein. Hier schmieden wir Pläne wie wir den zweiten Teil der Besichtigung in Angriff nehmen.
Wir gehen von hier zum Turm Kiek in de Kök. Der merkwürdige Name des 38 Meter hohen Turms stammt von den Wachen in dem Turm. Sie scherzten sie könnten durch die Schornsteine direkt in die Häuser unter ihnen schauen. Heute befindet sich in dem Turm ein Museum, in dem die Geschichte Tallinns dargestellt wird. Von hier folgen wir der Stadt nach unten und kommen zum Platz der Freiheit. Wie der Name schon sagt ist es mehr als nur ein Platz. Es ist ein Ort der als nationales Symbol gilt und für den nationalen Stolz steht. Für die Einwohner Tallinn ist es ein Ort an dem man sich verabredet. Das Denkmal auf das wir von oben direkt zusteuern, also die große Säule mit dem Kreuz, ist das Denkmal für den Unabhängigkeitskrieg von 1918 bis 1920.
So nun wird es aber mal Zeit sich die Stadtmauer und die Türme dazu etwas genauer anzusehen. Dazu gehen zum längsten erhaltenen Stück Stadtmauer im Westen der Altstadt. Insgesamt sind noch 1,9 Kilometer der ehemaligen Stadtmauer erhalten. Das bedeutet das Tallinn die am besten erhaltene mittelalterliche Verteidigungsanlage in Europa vorzuweisen hat.
Wir kommen zu dem Teil der Stadtmauer die man besichtigen kann. Zwischen den Türmen Nunna, Sauna und Kuldjala kann man die Stadtmauer hinaufsteigen und diverse Ausstellungen mit Erklärungen zur Verteidigungsanlage betrachten. Außerdem kann man sich vorstellen wie das Leben in so einer mittelalterlichen Stadt war.
Am nächsten Tor verlassen wir die Altstadt kurz und gehen zum Platz der Türme, der wenige Meter von der Stadtmauer entfernt liegt. Vom Platz der Türme haben wir einen wunderschönen Blick auf die Stadtmauer mit ihren Türmen. Ein wirklich malerisches Bild.
Wir beschließen unsere Stadtmauer Besichtigung an dem Eingangstor Dicke Margarethe zu beenden. Die Dicke Margarethe ist ein mächtiges Stadttor, das zur Seeseite den kommenden signalisieren sollte das die Stadt gut gesichert ist. Was ja auch der Fall war. Heute wird hier leider gebaut und Gegenlicht ist auch, somit kommt die Dicke Margarethe nicht so eindrucksvoll rüber.
So nun ist aber gut. Wir sind alle ziemlich platt und machen uns auf dem Weg zurück zum AIDA-Shuttle. Unterwegs machen wir noch einen kleinen Schlenker zur St. Olaikirche. Von dem 124 Meter hohen Turm soll man einen grandiosen Blick auf die Altstadt von Tallinn haben. Leider ist der Turm gesperrt und die gesamte Kirche eingerüstet. Das hatten wir ja schon vom Aussichtspunkt auf dem Domberg gesehen, aber wenn man direkt vor der Kirche steht sieht das noch mal schlechter aus. Das Bild erspare ich euch lieber. Nun aber wirklich direkt zum Shuttle und an Bord der AIDAprima. Na da haben wir heute aber ein paar Meter abgerissen. Aber kein Problem es gibt ja überall die Möglichkeit eine Pause einzulegen.
Diese Pause machen wir nun auch und zwar an der AIDA-Bar mit Blick zurück auf Tallinn. Auch das Auslaufen beobachten wir hier, denn es hat sich zugezogen und ist etwas frisch geworden.
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